Valbona

Vom Auto-Tetris und Wandertouren unter wilden Gipfeln

Vom faulen Seeleben bei Shkodra sollte es nun in die albanisches Alpen gehen – und zwar über den Koman-Stausee. Das ist ein beliebtes Tagesausflugsziel und ein paar Mal am Tag gibt es auch Autofähren. Unsere Fahrt bei Alpin Ferry hatte ich schon vor Monaten per Mail reserviert. Nachdem Martin dann am Vorabend rausgefunden hatte, dass sie am Sonntag anders als unter der Auf dem Weg zum Koman-StauseeWoche nicht um 12 Uhr, sondern erst um 14 Uhr fuhr, konnten wir sogar morgens noch in aller Ruhe packen. Um 10 Uhr kamen wir los. Sobald die Landschaft nach knapp einer Stunde hügeliger wurde, war der Blick sehr schön, die Straße allerdings zunehmend schlechter. Also schon problemlos zu fahren, aber mit ganz schönen Schlaglöchern und streckenweise auch völlig kaputtem Teer. Mit ein paar kurzen Fotostopps haben wir knapp zweieinhalb Stunden gebraucht, waren also um halb 1 kurz vor unserem Ziel, dem Fährhafen von Koman. Nachdem der Tunnel, über den man dann zum Hafen kommt, aber nur einspurig befahrbar ist, mussten alle Autos vor dem Tunnel auf einem Parkplatz warten bis die Fähre angelegt und der Gegenverkehr weg war. Das führte dann dazu, dass diejenigen, die als erste dagewesen waren, nun ganz hinten auf dem Parkplatz standen und als letzte Richtung Fähre losfahren konnten. Und anscheinend war es an diesem Sonntag besonders voll, sodass wir noch knapp eine Stunde im Tunnel standen. Und nachdem schon jemand durchgelaufen war und gefragt hatte, ob wir eine Reservierung hätten, weil es zu viele Autos seien, war ich durchaus etwas nervös, dass wir nicht mitkommen würden. Auto-Tetris auf der FähreIch hatte nämlich vergessen, die Bestätigungsmail auszudrucken und auf dem Handy war sie auch nicht mehr abrufbar. Und während Jonathan in seinem absoluten Glauben an Regeln felsenfest davon überzeugt war, dass sie uns mit einer Reservierung ja mitnehmen müssten, hatte ich durchaus Zweifel. Tatsächlich war ich dann sehr erleichtert als sie meinen Namen nach langem Suchen auf ihrer Liste gefunden hatten und wir mitsamt Auto auf der Fähre waren. Das Beladen der Fähre mit den Autos dauerte dann noch bis halb 4 und war das reinste Tetris. Ich habe mir das Spektakel dann noch eine gute Zeitlang von der Reling angeschaut – es wurde wirklich um jeden Zentimeter gerungen, Familien auf der Fähre haben gebangt, wer wohl noch einen Platz bekommen wird („Mum, I don`t think, Dad is going to make it!“) und irgendwann stand der Kapitän laut schimpfend und gestikulierend da, weil er wohl endlich los wollte. Nach uns kamen noch 11 Autos – allzu viel Luft war also nicht mehr. Der letzte Autofahrer hat sein Auto dann über das Dachfenster verlassen, weil er keine Tür mehr aufmachen konnte.

Fahrt über den Koman-StauseeWir haben aber glücklich sogar noch ein paar Stühle auf dem Deck direkt an der Reling ergattert und die Fährfahrt selbst Balkanpop-Partywar dann ziemlich entspannt. Über große Musikboxen wurde Balkanpop abgespielt und viele Leute haben getanzt, was vor allem Sophie sehr gefallen hat. Die Kinder wurden vom Kapitän auch gleich in den Steuerraum eingeladen und auf den Stuhl vor dem Steuerrad gehoben. Das war ihnen aber ein bisschen zu viel und sie wollten schnell wieder weg. Viele Albaner sind sehr freundlich und kinderlieb und vor allem Sophie wird immer mal wieder durch die Haare gewuschelt oder irgendwo gekitzelt, was sie irgendwas zwischen lustig und verstörend findet. Die Fahrt war jedenfalls trotz all der Aufregung vorher ein tolles Erlebnis mit wunderschönem Ausblick auf den See und die steilen Berghänge.

Nach knapp zwei Stunden waren wir dann in Fierzë und konnten uns auf den Weg ins Valbona-Tal machen. Hier war die Straße gut, wir aber dann doch schon ganz schön erledigt vom Reisetag. Zudem war Unsere Unterkunftder Himmel wolkenverhangen („Wolkentiefstand“ sagt Jonathan dazu) und es war ja auch schon 19 Uhr als wir endlich in unseren Blockhütten der Villas Jezerca ankamen und mitten in den Bergen auch relativ kalt. Garten unserer UnterkunftDa waren wir dann nur noch schnell etwas essen (und nur ein bisschen überfordert davon, dass der Kellner nur kurz aufzählte, was es gibt und man sich dann entscheiden sollte), haben uns eingerichtet und sind dann schlafen gegangen. Erst am nächsten Tag und bei Sonnenschein konnte man richtig sehen, wie wunderschön die Umgebung ist. Rundherum liegen hohe Gipfel und der Ausblick ist in jede Richtung fantastisch. Ein ziemliches Kontrastprogramm zu unserer ersten Station, aber nicht minder schön. Die Hütte selbst ist sehr nett, mit Doppelbett (diesmal mit sehr bequemer Matratze) und Stockbett. Dafür flutet man beim Duschen das komplette Bad, aber davon abgesehen ist es eine prima Unterkunft. Abends kann man mit einem Wein auf der Veranda sitzen und die Ruhe der Berge genießen (und an einem Abend die Partymusik im Nachbarrestaurant).

WanderkinderAn unserem ersten Tag sind wir direkt von unserer Unterkunft los gewandert einer Komoot-Wanderung in Richtung Guesthouse Kukaj folgend. Der Weg hinauf war wunderschön, ein richtiger Abenteuerweg Wandermannüber Stock und Stein durch den Wald und mit grandiosem Ausblick auf das Bergpanorama drumherum. Im Guesthouse haben wir dann Mittag gegessen, was nicht schlecht war, aber auch nicht großartig und für Albanien relativ teuer. Jonathan hat es geschafft, sich zum zweiten Mal innerhalb von fünf Tagen von einer Biene stechen zu lassen und hat nun eine dicke Hand (letztes Mal einen dicken Fuß –  Sophie gibt ihm schon weise Ratschläge: „Das nächste Mal, wenn du eine Biene siehst, Jonathan, läufst du einfach schnell weg.“) Aber beide Kinder sind toll gewandert, sogar Sophie fast eine Stunde lang, sodass Martin sie dann nur wieder runterschleppen musste. Einen ausgedehnten Stopp haben wir dann wieder unten am Bach eingelegt. Das Wasser war eiskalt, aber die Kinder haben trotzdem enthusiastisch Staudämme gebaut. Ein sehr schöner Wanderauftakt war das.

Am nächsten Tag regnete es dann, sodass wir uns einen faulen Vormittag gemacht haben. Ich habe Jonathan die gesammelten Geschichten von Christine Nöstlingers  „Franz“ vorgelesen und Steineschmeißen in die ValbonaSophie hat ihr Möglichstes getan, um ihren Unmut darüber auszudrücken und um mir zu verdeutlichen, dass sie es vorgezogen hätte, „Der kleine König“ vorgelesen zu bekommen.  Ab Mittag verzogen sich die Wolken dann und wir sind zum Hotel Rilindja gefahren, weil im Reiseführer stand, man könne da eine gute Wanderkarte bekommen. Wanderung entlang der ValbonaKonnte man aber leider nicht, zumindest wusste der diensthabende Mensch an der Rezeption nichts davon. Aber wir sind dann von dort einfach ein bisschen flussabwärts an der Valbona entlang gegangen. Das große Kind war ein bisschen zänkisch drauf, aber das kleine Kind ist nochmal wirklich prima gewandert. Der Weg ging angenehm eben dahin und die zerklüfteten Gipfel rundherum waren ein atemberaubender Anblick. Und beim Steine in den Fluss werfen konnte dann auch Jonathan seinen warum auch immer vorhandenen Frust etwas abbauen. Zurück im Hotel Rilindja haben wir dann dort auch noch gegessen. Es gab einen Spielplatz für die Kinder, die von Jonathan schon lange gewünschte Forelle (eine gute Abwechslung, der isst nämlich bisher hier vor allem Pizza und Pommes) und auch ansonsten leckeres, wenn auch ein bisschen teureres Essen.

Und dann war auch schon unser letzter Tag im Valbona-Tal gekommen – die letzte Möglichkeit zu einer großen Wanderung also. In Ermangelung weiterer einfacher und kurzer Wanderungen, wollten wir versuchen, bis zum Rrogami Wasserfall zu kommen. Wanderung entlang der AllradpisteDazu fährt man von Valbona noch etwa vier Kilometer bis die Teerstraße endet, läuft dann nochmal vier Kilometer durch das trockene Flussbett bzw. an der Allradantriebpiste entlang (die man theoretisch auch per Shuttle überbrücken könnte) und dann geht es noch knapp einen Kilometer den Berg rauf. Nachdem es heute ganz schön heiß war und zudem Sophie schon nach wenigen Metern behauptete, sie könne nicht mehr laufen, Angekommen am Wasserfallwar ich mir nicht sicher, ob wir das schaffen würden. Aber Martin hat das Kind tapfer mindestens sieben Kilometer geschleppt und Jonathan ist ohne auch nur einmal zu murren, die insgesamt zehn Kilometer gelaufen. (Nur einmal hat er sich ungeduldig erkundigt, wann es denn jetzt endlich mal bergauf ginge – er ist wirklich ein tolles Wanderkind.) Belohnt wurden wir mit einem umwerfenden Blick auf die Berge am Talschluss, einem spannenden Kletterweg durch den Wald und  einer ausführlichen Pause am Wasserfall. Das war also ein würdiger Abschluss für unsere Wanderaktivitäten im tollen Valbona Nationalpark. Es hat sich sehr gelohnt, hier mehrere Tage zu sein – viele Leute reisen nur schnell durch, nachdem sie die große Wanderung von Theth über den Pass nach Valbona gemacht haben, wegen der die meisten Leute hier sind. Ist aber eine 8-Stunden Hochalpinwanderung, geht also für uns mit Kindern nicht.

Morgen geht es dann wieder Richtung Süden – unser nächster Stopp ist Kruja.

Do you want to see the world?