Himarë

Vom unseligen Massentourismus und den Freuden des Poollebens

Am Reisetag waren zum Glück endlich alle wieder fit. Weil die Fahrt Friedhof beim Kloster von Mesopotamvon Ksamil nach Himarë nur eineinhalb Stunden dauern sollte, hatten wir geplant, noch einen kleinen Umweg über Syri i Kaltër zu machen. Kirche beim Kloster von MesopotamDas ist eine Karstquelle, aus der unglaublich türkises Wasser sprudelt. Auf dem Weg dahin haben wir dann noch eine weitere Sehenswürdigkeit entdeckt, nämlich die Ruine des byzantinischen Klosters von Mesopotam und die dazugehörige Kirche. Die liegen fast direkt neben der Straße und man geht über einen sehr malerischen Friedhof – hier immer geschmückt mit bunten Plastikblumen und jedes Grab mit Foto(s) der Verstorbenen. Die Kirche war leider abgeschlossen, aber auch von außen hübsch und so war es ein netter und friedlicher Stopp.

Ein völlig anderes Szenario bot dann Syri i Kaltër. Wir wussten schon, dass das eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Albaniens ist, aber auf das, was uns dann tatsächlich dort erwartet hat, war ich nicht gefasst. Das ganze Gelände ist nämlich grade im Umbau – man konnte wohl noch bis vor kurzem einfach direkt zur Quelle fahren, wo völlige Anarchie herrschte. Nun wird ein riesiger Schöne QuelleParkplatz gebaut, der allerdings noch nicht fertig ist. Die Leute parken aber trotzdem schon drauf, auch in Ermangelung von Alternativen. Weil auch die Straße, die bis zum Eingang führt, links und recht vollkommen zugeparkt ist, kommen keine zwei Autos mehr aneinander vorbei, was zum absolutem Verkehrskollaps führt. Wir standen ziemlich lange in diesem Chaos und es ging weder vor noch zurück. Die Kinder und ich sind dann schon mal ausgestiegen und losgelaufen, während Martin sich tapfer zurückgeschlängelt hat, um dann vorne an der Hauptstraße zu parken, nochmal knapp einen Kilometer vom Eingang weg. Unschönes VerkehrschaosVom Eingang sind es aber auch nochmal mindestens eineinhalb bis zwei Kilometer zur Quelle selbst – auf einem neu gebauten, komplett betonierten, schattenlosen Weg, der dauernd rauf und runter geht. Die Umgebung ist wunderschön und hätten sie da einen Waldweg angelegt, wäre das sicher toll zu laufen. So war es eine ziemliche Qual, vor allem für unser kleines Kind (und damit auch für uns). Überall sind Menschenmassen unterwegs und zwar von der Sorte höchstunangenehme (vorwiegend männliche) Touristen. Viele mit Bier in der Hand, viele oberteillos. Alle wollen in der Quelle baden, obwohl das seit einiger Zeit nicht mehr erlaubt ist. Da steht ein Aufseher und pfeift die Leute zurück, aber die springen trotzdem ins Wasser. Erwachsene Männer, die sich benehmen wie kleine Kinder bzw. schlimmer als kleine Kinder. Wir haben versucht, irgendwo einen halbwegs netten Ort zu finden, wo wir uns hinsetzen und etwas essen können, aber so einen Ort gibt es da leider momentan nicht. Positiv bleibt zu sagen, dass die Quelle selbst wirklich wunderschön ist und ihr Farbspektrum beeindruckend. Vielleicht bekommen sie den Ort auch in ein paar Jahren in den Griff – aktuell würde ich zumindest im Hochsommer jedem nur davon abraten, ihm einen Besuch abzustatten.

Reichlich erledigt waren wir also irgendwann nachmittags wieder am Auto und haben uns dann wirklich auf den Weg nach Himarë Blick auf Himaregemacht. Die Straße schlängelt sich durchs Gebirge und es gibt immer wieder tolle Blicke auf die Küste. Nach Himarë kamen wir also gut, unser Apartment dort zu finden, hat uns aber nochmal einige Nerven gekostet. Die Vermieter haben extra ein YouTube-Video gemacht, wie man den richtigen Weg findet, das aber leider nicht abspielbar war. Schließlich hat uns einer der Vermieter per Telefon dorthin geleitet. Private Sonnenschirme am Strand von HimareDas Apartment selbst ist sehr in Ordnung. Es gibt zwei Schlafzimmer, zwei Balkone und eine kleine Küche, einen Außenbereich mit Grill- und Spielplatz und – am allerwichtigsten – einen schönen Gemeinschaftspool. Da haben wir uns dann alle erstmal hineingestürzt. Um 19 Uhr sind wir zum Strand aufgebrochen und haben da an der Strandpromenade sehr gute Pizza gegessen. Der Strand selbst ist tatsächlich öffentlich und fast völlig ohne Liegestühle. Wobei überall private Sonnenschirme herumstehen, auch zusammengeklappt abends. Was es damit so auf sich hat, müssen wir erst noch herausfinden. Der erste Eindruck von Himarë war aber jedenfalls ein deutlich positiverer als von Ksamil.

Am nächsten Vormittag waren wir dann einfach am Stadtstrand (Sfageio Strand), zu dem wir zu Fuß in knapp 15 Minuten laufen können (wobei der Weg leider zum Teil an einer recht befahrenen Straße entlang führt und das Konzept „Gehweg“ hier nur bedingt ausgereift ist). Das Wasser ist sehr schön, am Strand ist es aber Am Stadtstrand von Himareschon ganz schön voll, was wir beide nicht so wirklich mögen. Diese blöde Hochsaison. Das Sonnenschirmsystem habe ich trotz viel Anstrengung nicht durchschaut. Manche der Schirme scheinen zur feien Verfügung zu stehen, andere festen Familien zu gehören, wieder andere scheinen durch Leute halb- bis inoffiziell organisiert vergeben zu werden. Sonnenuntergang auf der Halbinsel nördlich von HimareNachdem wir gesehen hatten, dass eine Familie einen Schirm umplatziert hatte, haben wir das auch gemacht. Der wurde dann aber nach einiger Zeit von jemandem beansprucht, der uns dann allerdings sehr nett einen anderen Schirm gebracht hat „für die Kinder“. Wir hatten also Schatten und die Kinder fanden es gut am Strand, aber irgendwie werde ich nicht so recht warm mit den albanischen Stränden (im August). Die sind mir alle zu voll und zu zugestellt, egal, ob sie nun öffentlich sind oder privat mit Liegestühlen zugekleistert. Hübscher ist die Küste überall da, wo kein Strand ist – zum Beispiel auf der nördlich vom Hauptstrand liegenden Halbinsel hier. Aber da kommt man dann halt leider auch nicht ordentlich ans Meer. Zum Baden taugt es da also nur bedingt, aber wir haben einmal einen netten Abendspaziergang an der Küste entlang gemacht.

Aber aus genau diesem Grund, dass es schwierig werden könnte mit dem albanischen Strandleben im Hochsommer, hatte ich ja auch nach einer Unterkunft mit Pool gesucht gehabt. Nachdem die Kinder dann zunehmend recht zänkisch waren und auch wir gemerkt Poolfreudenhaben, dass nach drei Tagen mit abwechselnd kranken Eltern und einem überaus anstrengenden Fahrtag ganz schön die Luft raus ist, haben wir beschlossen, dass wir die verbleibenden Tage in Himarë hauptsächlich am Pool verbringen. Da hatten wir alles, was wir brauchten und alle konnten mal ein bisschen zur Ruhe kommen. Die Strände in der Umgebung klangen jetzt auch alle nicht besser als der Stadtstrand. Entweder sind sie voll oder sie sind nur über Allradstraßen bzw. lange Fußmärsche erreichbar. Was man hier noch machen könnte, Poolfreudenwäre eine Bootstour. Da kommt man dann zu tollen Buchten, aber nachdem wir nicht genau abschätzen konnten, wie gut das mit den Kindern geht, es ziemlich teuer ist und es auch immer mal wieder recht unberechenbar gewittert hat tagsüber, haben wir das gelassen. Pool mögen alle und ein bisschen Entspannung war es, was wir jetzt grade gebraucht haben. Am Pool waren wir tagsüber oft alleine, weil die Bewohner der Apartments hier oft gewechselt haben. Außer der beschwingt die Apartments putzenden Reinigungsdame und uns war meistens also niemand hier. Von einer Familie, die am nächsten Tag abgereist ist, haben wir zu Jonathans (und meiner) großen Begeisterung einen goldenen Wasserreifen-Flamingo geschenkt bekommen – mit Glitzerkonfetti innen drinnen – und mit dem hatten wir sehr viel Spaß. Jonathan hat ihn Mangold getauft und er ist jetzt ein festes Familienmitglied.

Wir haben also geplanscht und gelesen und gespielt und gekocht und haben abendliche Eisessspaziergänge ans Meer gemacht. Und morgen geht es dann wieder weg vom Meer – Berat ist unser nächstes (und leider auch schon letztes) Ziel.

Do you want to see the world?