Porto

Vom Treibenlassen im entspannten Porto

Mit dem Taxi waren wir also schnell am Flughafen von Lissabon. Das Ausleihprozedere dort dauert allerdings gut eine Stunde, sodass wir erst so gegen halb 2 loskamen. Die erste Herausforderung waren die vierspurigen Kreisverkehre in Flughafennähe. Wer denkt sich denn sowas bitte aus? Einen musste ich nochmal umrunden und mich dabei von Spur zu Spur nach außen arbeiten, damit ich dann beim zweiten Versuch die geplante Ausfahrt auch wirklich nehmen konnte. Zu früh rechts fahren darf man nämlich auch nicht, sonst wird man böse angehupt, wenn man nicht rausfährt. Der Rest der knapp dreistündigen Autofahrt war supereasy – einfach 300 km Autobahn bei gemütlichen 120 km/h Höchstgeschwindigkeit. Nur dass mich das Auto ständig ermahnt hat, wenn ich die um ein paar Kilometer überschritten habe, war etwas nervig. Jonathan ist inzwischen ein ziemlich guter Autofahrer geworden (hat ja auch nur drei Jahre gedauert). Er hat ein bisschen geschlafen und den Rest der Zeit aus dem Fenster geschaut und gesungen. Der Abschluss der Fahrt in Porto war dann nochmal etwas nervenaufreibend. Der Reiseführer schreibt dazu ja knapp, das Autofahren in Portos Innenstadt empfehle sich nicht und da kann ich durchaus zustimmen. Aber dank Navi und vielem Schimpfen zur Nervenregulierung ging es einigermaßen und wir kamen schließlich glücklich in unserer Ferienwohnung an. Die liegt in Gehweite zum Zentrum und zum Fluss und ist ausnehmend schön – viel schöner als es die Bilder hätten vermuten lassen. Jonathan mochte sie gleich und hat voller Begeisterung sein neues Zimmer bezogen. Auch mit dem Parkplatz hatten wir totales Glück und scheinen die einzige Straße hier in der Gegend gefunden zu haben, in der man für Parkplätze nichts bezahlen muss und überhaupt länger als zwei Stunden stehen darf. Gleich abends sind wir dann nochmal losgezogen, um die Beine noch ein bisschen zu bewegen. Immerhin zu einem Aussichtspunkt haben wir es noch geschafft. Wobei der Himmel da dann schon recht grau und zugezogen war. Porto hat uns aber trotzdem gleich gefallen. Viele bunte Häuser und sehr viele Kneipen und generell viel Leben auf den Straßen.

Das Wetter war allerdings ein bisschen meine Sorge, denn für Porto war es trüb und regnerisch vorhergesagt. Und ich mag ja Sonne schon sehr und bin immer ganz missmutig, wenn es mir verwehrt bleibt, schöne Orte bei Sonnenschein zu sehen. Martin musste sich also mein Gemotze anhören. Aber das Wetter entpuppte sich dann als besser als angesagt (bzw. die Iphone-Wetter-App als unzuverlässiger Schrott). Am ersten Morgen zogen wir noch mit Softshelljacke los, aber tatsächlich wurde der Himmel dann immer blauer und schließlich war es richtiggehend heiß (und wir natürlich ohne Sonnenhut und Sonnencreme unterwegs). Durch die engen Gassen Portos ging es hinunter zum Douro an die Cais da Ribeira und danach mit der Standseilbahn Funicular dos Guindais wieder zurück in die Oberstadt. Und Porto gefällt uns wirklich ausnehmend gut. Überall enge Gassen und hübsche Häuser (von denen ein guter Teil allerdings auch in ziemlich schlechtem Zustand ist). Und zum Fluss hinunter geht es immer bergab, was Jonathan besonders toll findet. Wir müssen ihm immer sagen, bis wohin er laufen darf (z.B. bis zum nächsten Schild oder Auto oder Mülleimer) und dann saust er fröhlich voraus. Gerade unten an der Uferpromenade des Douros fanden wir es umwerfend schön.

Schön an Porto ist auch, dass man sich einfach treiben lassen kann. Es gibt viel zu sehen, aber nicht so eine Unmenge an ToDos wie in Lissabon. Wir sind also einfach jeweils vormittags und nachmittags durch die Stadt spaziert und haben dazwischen Pause in unserer Wohnung gemacht. Diese Mittagspausen braucht Jonathan einfach, auch wenn er nicht mehr schläft. An dem Tag in Belém, an dem er keine Pause hatte, war er gleich deutlich unausgeglichener. Zweimal sind wir mit der Metro über die Ponte Dom Luis I gefahren, die große Eisenbrücke, die Portos Stadtbild prägt. Von der anderen Seite hat man einen schönen Blick auf Portos Zentrum und man kann über die Brücke wieder zurückgehen. Da oben war es aber ganz schön windig und ein bisschen stressig, weil auf der einen Seite des Gehwegs ohne Absperrung die Metro vorbeifährt und auf der anderen Seite der Abgrund ist, gesichert mit einem Geländer, durch das Kinderköpfe und damit auch -körper locker durchpassen. Nicht unbedingt kinderfreundlich geplant. Wir haben uns auch die Kathedrale angeschaut, waren aber nur mäßig beeindruckt. Sehr schön fanden wir den Bahnhof São Bento, in dem es ganz viele blau-weiße Kachelbilder aus dem 19. Jahrhundert zu sehen gab (und natürlich Züge, was Jonathan bedeutend spannender fand).

Am Nachmittag unseres letzten Tages in Porto sind wir dann auch noch mit der Tram zum Meer gefahren. Die Straßenbahnen sind hier inzwischen alle rein touristisch und die Elétrico Nr. 1 zuckelt von der Kirche São Francisco immer am Douro-Ufer entlang in etwa 30 Minuten an den Atlantik. Da war die Sonne dann leider schon wieder weg und die Stimmung erneut eher nordseehaft. So richtig im Sommer angekommen sind wir hier also noch nicht (anders als Deutschland, das seit Wochen hochsommerliche Temperaturen hat), aber es war trotzdem sehr schön. Wir haben Eis gegessen, sind zu einem Leuchtturm gelaufen, haben am Strand Muscheln gesucht, den tosenden Wellen zugesehen und uns von der Gischt nassspritzen lassen. Zurück ging es dann mit dem Bus.

Am letzten Vormittag regnete es Bindfäden. Tapfer haben wir uns trotzdem zur Buchhandlung Lello durchgekämpft. Ein Art déco-Gebäude, das wunderhübsch ist. Bzw. wäre, denn vor lauter Menschen drinnen, die das auch ansehen wollen, sieht man kaum etwas davon. Die geschwungene HolztreppLeicht überfüllte Buchhandlung Lelloe in dem Laden war angeblich das Vorbild für das Treppenhaus in Hogwarts – Joanne K. Rowling lebte in Porto als sie am ersten Harry Potter-Band schrieb. Jedenfalls ist ein sehr schöner Raum, ich würde aber dennoch von einem Besuch abraten, weil es einfach zu voll ist. Da lohnen sich die 5 Euro Eintritt nicht. Man schaut sich besser den Laden am Ende der Schlange vor dem Buchladen an, der ist kostenlos, verkauft netten Deko-Krimskrams und ist auch in einem hübschen Raum. Oder den MacDonalds am Praça da Liberdade, der in einem alten Gebäude aus den 1930er Jahren ist, in dem es große Kronleuchter und Glasmalereien gibt. Nach Packen und Einkaufen waren wir noch im hochgelobten Black Mamba, wo es vegane Burger direkt gegenüber unserer Ferienwohnung gab. Und danach ging es in eineinhalb Stunden in den Nationalpark Peneda-Gerês ganz im Norden Portugals.

 

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